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Umweltvorsorge statt Wachstumswahn – Eine Zeitreise Oktober 2021

21:12:25 28.05.2023 gepostet von wirtz@superkabel.de um 21:12:25 28.05.2023

Umweltvorsorge statt Wachstumswahn – Eine Zeitreise

Herbert Gruhl hatte noch vor dem Erscheinen der Club-of-Rome-Studie „Die Grenzen des Wachstums“ im Deutschen Bundestag die ökologischen Negativseiten des Wirtschaftswachstums in den Fokus gerückt und die Notwendigkeit zu umweltvorsorgendem Handeln dargelegt. Herbert Gruhl war umweltpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und setzte mit seiner ersten Bundestagsrede vom 16. Dezember 1970 erste Ausrufezeichen:
Angesichts der Vorstellung des ersten Umweltprogramms einer Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland am 3. Dezember 1971 nahm Herbert Gruhl für die Opposition aus CDU/CSU Stellung. Ein Radiobeitrag des SWR erinnert mit O-Tönen an dieses Ereignis, nach dem Gruhl den umweltpolitischen Vorstoß als ausbaufähig begrüßte und die soziale Frage zu berücksichtigen anmahnte. Hier wird bereits deutlich, Umweltvorsorge durfte für Gruhl nicht zu Lasten sozial prekärer Schichten gehen. Zum Beitrag des SWR: https://www.swr.de/swr2/wissen/archivradio/spd-fdp-koalition-plant-erstes-umweltschutzprogramm-100.html  











 


Das nach Erscheinen der „Grenzen des Wachstums“ 1972 weiter anwachsende Umweltbewußtsein und die etablierte Politik fanden nur schwer zueinander. Herbert Gruhl versuchte als Umweltpolitiker das Thema zu durchdringen und verbleibende Handlungsmöglichkeiten auszumachen. Sein am 25. September 1975 vorgestelltes Buch „Ein Planet wird geplündert – Die Schreckensbilanz unserer Politik“ wurde zum Bestseller und über Parteigrenzen hinweg zu einem Standardwerk. Zur Einleitung des Buches: http://herbert-gruhl.de/ein-planet-wird-gepluendert/


















 

Im November 1975 wurde Herbert Gruhl zum Bundesvorsitzenden des wenige Monate zuvor in Marktheidenfeld gegründeten Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gewählt.

In Gruhls eigenen Worten verband er mit seiner neuen Aufgabe die „unausgesprochene Absicht aus diesem BUND […] mit der Zeit eine politische Kraft zu machen“; gewünscht gewesen sei aber, „einer altväterlichen und betulichen Umweltpolitk“ zu dienen, die es sich nicht mit „den regierenden Mächten und Parteien verderben“ wolle. Am 14. Mai 1977 kam es nach Differenzen im Bundesvorstand auf einer Delegiertenversammlung zur Abwahl Gruhls, der noch immer CDU-Bundestagsabgeordneter war (Herbert Gruhl: Überleben ist alles, 1987, S. 178).

Herbert Gruhl hatte bei den Bundestagswahlen von 1976 „ein hervorragendes Ergebnis in seinem Wahlkreis Hannover III“ erzielt, die Partei ihm aber den Vorsitz der Arbeitsgruppe für Umweltvorsorge der CDU und die Sprecherfunktion der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Umweltfragen entzogen, wie die Taschenbuchausgabe von „Ein Planet wird geplündert“ 1978 vermerkt. Im Interview mit dem „Münchner Merkur“ vom 16. Juni 1978 erklärte Gruhl sich lange in Geduld mit seiner Partei geübt zu haben. Er bekundete am 11. Juli 1978 im Interview mit Franz Alt via TV öffentlich seinen Austritt aus der CDU:

„Ja. Ich [Gruhl] habe heute an den Vorsitzenden Helmut Kohl einen Brief geschrieben, in dem ich meinen Austritt wie folgt begründe: Die CDU ist unfähig zu begreifen, daß die Ziele, die in den sechziger Jahren noch richtig waren, heute falsch sind. Die Partei erkennt die völlig neue Problemstellung der heutigen Welt. Sie diskutiert nicht einmal darüber, und sie ist weit davon entfernt, zu Erkenntnissen und Schlußfolgerungen zu kommen. Darum haben ihre öffentlichen Äußerungen mit den Realitäten wenig gemein und werden zu einer gefährlichen Irreführung. Meine Versuche, daran innerparteilich etwas zu ändern, sind fehlgeschlagen. Sie haben mir aber die Zustimmung einer breiten Öffentlichkeit im Lande gebracht. Von dort werde ich langsam gefragt, ob ich mich nicht als Aushängeschild für Inhalte mißbrauchen lasse, die in der CDU überhaupt nicht vorhanden sind. Ich kann diese Vorhaltung nicht mehr widerlegen, besonders nicht, seit dem Sie, Herr Kohl, Vorsitzender dieser Partei sind. […]“ (In: „Herbert Gruhl – Unter den Karawanen der Blinden – Schlüsseltexte, Interviews und Reden“, 2005, S. 133 f bzw. 135-138).

Am 13. Juli 1978 gründete Herbert Gruhl die „Grüne Aktion Zukunft“ (GAZ). “Das grüne Manifest” war das Parteiprogramm, das am 13. Juli 1978 verabschiedet wurde. Es geht federführend auf Herbert Gruhl zurück. Koautorin ist die Kinder-Psychotherapeutin Christa Meves, was die Punkte 9 bis 11 betrifft (vgl. Meves, Christa: Ad memoriam Herbert Gruhl, in: Naturkonservativ heute, 3. Jg./2003, S. 99-101). Die Parteigründung wurde medial vielbeachtet, das besagte Manifest in der Kurzfassung mitunter in Zeitungen abgedruckt; es ist online nachzulesen unter ( http://herbert-gruhl.de/das-gruene-manifestder-der-gaz/ ).

Herbert Gruhl (GAZ) wurde mit Petra Kelly vom Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) für die Sonstige Politische Vereinigung/Die Grünen am 18. März 1979 zum Spitzenkandidaten gewählt. Erzielt wurden bei der folgenden Europawahl 3,2 Prozentpunkte. Zur Gründung der Partei Die Grünen kam es am 12./13. Januar 1980. Dieser Parteitag wurde von Herbert Gruhl – in Karlsruhe – eröffnet. Archiv-Radiobeitgag mit O-Ton: https://www.swr.de/swr2/wissen/archivradio/aexavarticle-swr-42730.html

Herbert Gruhl erklärte am 10. Januar 1980 seinen Austritt aus der Partei Die Grünen. Er konnte sich bei den Vorstandswahlen in Karlsruhe 1980 nicht durchsetzen, eine Öffnung gegenüber K-Gruppe nicht verhindern, und er sah in der Programmatik „Das alternative Luftschloss“ aus materialistischen Forderungen fernab einer Politik des Maßhaltens.

Aus der GAZ ging am 3. März 1982 die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) hevor, deren Vorsitzender Gruhl bis 1989 war. Die ÖDP hatte in dieser Zeit einen wesentlich aus der Feder von Gruhl stammenden Vorschlag zu einer aufkommensneutralen ökologischen Steuerreform verabschiedet – was Ernst Ulrich von Weizsäcker in seinem Buch „Erdpolitik“ (1989) als Pionierleistung würdigt. Die ÖDP war mit dem Slogan „Weniger ist mehr“ um Stimmen. 1988 kam die ÖDP in Baden-Württemberg erstmals (mit 1,4 Prozent) in den Genuss von Wahlkampfkostenerstattungen.

























 

Die 1980er Jahre wurden für Herbert Gruhl publizistisch eine produktive Zeit. Er legte zur Schärfung ökologischen Denkens und Handlens sein Buch „Das irdische Gleichgewicht. Ökologie unseres Daseins“ (1982) vor, die Anthologie „Glücklich werden die sein … Zeugnisse ökologischer Weltsicht aus vier Jahrtausenden“ (1984) und nach der Tscherbnobyl-Katastrophe „Der atomare Selbstmord“ (1986).












 

Herbert Gruhl, 1992

Herbert Gruhl verließ im Dezember 1990 die ÖDP, die ihm zu erfolglos blieb und ihm mit der Fokussierung auf einen Zusammenhang von Ökologie und Bevölkerungswachstum zu wenig anfangen wollte. Er unterstützte die Vereinigung Unabhängige Ökologen Deutschlands (UÖD), die bioreginalsitsich ausgereichtet war, im Kern biologisch-dynamische Erzeugung und Regionalität miteinander zu verbinden protegierte. Seine letzten Lebensjahre galten der Arbeit an dem Buch „Himmelfahrt ins Nichts – Der geplünderte Planet vor dem Ende“ (1992). Hier wird das Bevölkerungswachstum in Verbindung mit den zivilisatorischen Lebensansprüchen für die Zukunft als tragisch diagnostiziert, was noch einmal grössere Aufmerksamkeit fand. Ein kurzer Text zu diesem Spätwerk von Herbert Gruhl, hier: http://herbert-gruhl.de/die-oekonomie-zerstoert-uns/




 

In der Rückschau wird Gruhl immer wieder als jemand charakterisiert, der zwischen allen Stühlen saß, was er auch selber so sah. Einer von Gruhls nachgelassenen Aphorismen, die anläßlich seines 100. Geburtstages am 22.10.2021 prubliziert wurden, lautet: „Nur wer zwischen den Stühlen sitzt hat festen Boden unter dem Hintern.“
Gruhls ökologisches Denken wurde für viele zur Grundlage und Ausgangsbasis, sich für ökologisch Belange einzusetzen. Er schuf neue Instutiuonen und half sie zu etablieren. Immer wieder bekunden Umweltschützer, sie seien von Herbert Gruhl inspiriert worden sich gegen einen blinden Wachstumsglauben einzusetzen. *
(Zu den Daten zu Herbert Gruhl siehe, sofern nicht anders angegeben: Volker Kempf: Herbert Gruhl – Pionier der Umweltsoziologie, 2008). (VK)

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